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05.12.2025 /17:17:15
FOKUS 3-Milliardenfusion in Hollywood: Warner Bros geht an Netflix

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Netflix zahlt 72 Milliarden Dollar

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Medien: Einigung binnen Tagen möglich
 
(Neu: Zitate, Details, Reaktionen)
05. Dez (Reuters) - Es ist ein Paukenschlag in der
Unterhaltungsindustrie: Der Streamingdienst Netflix <NFLX.O>
übernimmt für 72 Milliarden Euro große Teile von Warner Bros
Discovery <WBD.O> und erhält damit die Kontrolle über einige der
ältesten und berühmtesten Filmstudios in Hollywood. Zusammen
trügen die beiden Unternehmen dazu bei, "das nächste Jahrhundert
des Geschichtenerzählens zu definieren", sagte Netflix-Co-Chef
Ted Sarandos am Freitag. "Ich weiß, dass einige von Ihnen
überrascht sind, dass wir diesen Kauf tätigen, und ich kann
verstehen, warum", sagte er zu Investoren. In den vergangenen
Jahren habe Netflix seine Geschäfte selbst aufgebaut und sei
nicht mit Zukäufen aufgefallen. "Aber das ist eine seltene
Gelegenheit, die uns dabei helfen wird, die Welt zu unterhalten
und Menschen mit großartigen Geschichten zusammenzubringen."
Netflix übernimmt nach einem wochenlangen
Bieterwettstreit die Film- und Fernsehstudios sowie die
Streaming-Sparte HBO Max von dem New Yorker Medienkonzern. Die
Fernsehsender, darunter CNN, sollen vor Abschluss des Geschäfts
abgespalten werden. Je Aktie zahlt das Unternehmen knapp 28
Dollar. Einschließlich der Schulden wird Warner Bros mit 83
Milliarden Dollar bewertet. Die Rivalen Paramount und Comcast,
die ebenfalls für Warner Bros im Rennen waren, haben damit das
Nachsehen. Die beiden Unternehmen waren zunächst nicht für eine
Anfrage erreichbar. An der Börse legten die Warner-Aktien rund
drei Prozent zu, die Netflix-Papiere notierten kaum verändert.
Die Paramount-Titel gaben dagegen mehr als sechs Prozent nach.
 
Ein Zusammenschluss von Netflix und Warner Bros
Discovery dürfte die Medienlandschaft grundlegend verändern.
Netflix baut seine Geschäfte derzeit über das klassische
Abogeschäft hinaus aus und investiert dazu unter anderem in
Videospiele und Live-Unterhaltung. Warner Bros Discovery hält
unter anderem die Rechte an "Harry Potter" und "Game of
Thrones", dazu kommen die "DC Comics"-Superhelden wie Superman
oder Batman. Mit der Übernahme wird Netflix zu einem vertikal
integrierten Medienkonzern und erhält Zugriff auf einen der
wertvollsten Filmbestände Hollywoods. Zugleich ist Netflix
weniger stark auf externe Filmstudios angewiesen.
Allerdings dürften die Aufsichtsbehörden in den USA und
in Europa den Zusammenschluss genau unter die Lupe nehmen, weil
damit der weltweit führende Streamingdienst mit etwa 300
Millionen Abonnenten einen Rivalen mit fast 130 Millionen Kunden
übernimmt. Die US-Senatorin Elizabeth Warren bezeichnete die
Fusion als "Antimonopol-Albtraum", bei dem die Kosten für die
Verbraucher stiegen und die Auswahl zurückgehe.
 
"Teile von Hollywood und verschiedene Gewerkschaften
werden Widerstand leisten", sagte Tom Harrington, Medienanalyst
bei Enders Analysis in London. Der Zusammenschluss stelle eine
"beispiellose Bedrohung" für Kinos weltweit dar, erklärte der
Kino-Branchenverband Cinema United. Der ehemalige
WarnerMedia-Chef Jason Kilar sagte, er könne sich keinen
"effektiveren Weg vorstellen, den Wettbewerb in Hollywood zu
verringern, als WBD an Netflix zu verkaufen".
 
Netflix verteidigt das Vorhaben damit, dass seine Kunden
Zugang zu mehr Filmen erhielten. Zugleich werde mehr in den USA
produziert, auch die Ausgaben für Inhalte stiegen, Arbeitsplätze
würden geschaffen. Bei einer Kombination der Streaming-Dienste
mit HBO Max dürften zudem die Kosten für die Kunden sinken, die
bislang beide Dienste separat bestellt hatten. Medienberichten
zufolge sollen weiterhin Filme fürs Kino produziert werden.

(Bericht von Aditya Soni und Marshita Mary Varghese, geschrieben von Christina Amann. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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