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08.12.2025 /14:10:05
FOKUS 1-Lufthansa-Personal am Boden und im Cockpit fordert mehr Geld

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Tarifverhandlungen mit Verdi ab Mitte Januar

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Sechs Prozent mehr Tarifgehalt gefordert

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Verdi gegen Ausgliederung zu billigeren Töchtern

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Verhandlungen mit Vereinigung Cockpit festgefahren
 
(Neu: Details, Hintergrund, Vereinigung Cockpit)
Frankfurt, 08. Dez (Reuters) -

Die unter Kostendruck stehende Lufthansa <LHAG.DE> hat im kommenden Jahr eine weitere offene Flanke in Sachen Tarifstreit. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert für die mehr als 20.000 Beschäftigten am Boden sechs Prozent mehr Geld oder mindestens 250 Euro mehr Monatsgehalt. Neben höheren Lebenshaltungskosten seien zu niedrige Gehälter in manchen technischen Bereichen im Vergleich zu Konkurrenten Argumente für höhere Löhne und Zulagen, erklärte Verhandlungsführer Marvin Reschinsky am Montag in Frankfurt. Auch gelte es, Stellenabbau und die Ausgliederung von Aufgaben in Tochterfirmen mit niedrigeren Tarifen zu verhindern.

Die Gewerkschaft vertritt das Bodenpersonal in rund 25
Betrieben bei Lufthansa Airlines, Technik und Cargo. Bei der
letzten Tarifrunde gelang eine Einigung erst nach einer
Schlichtung. Mehrere Streiktage führten zu massiven
Flugausfällen Anfang 2024. Das frustrierte viele Kunden und kam
die Lufthansa teuer zu stehen, half aber aus Sicht von Verdi
auch, Personalengpässe nach der Corona-Pandemie durch
attraktivere Konditionen zu überwinden.
 
Auch die Folgen des laufenden Kostensenkungsprogramms
"Turnaround" bei der Kernmarke Lufthansa will Verdi im Rahmen
der Tarifrunde bremsen. So fordert die Gewerkschaft einen
Ausgliederungsschutz. Denn am Drehkreuz München sollten
Beschäftigte der Passagierabfertigung in eine von der Lufthansa
übernommene neue Gesellschaft mit 20 Prozent niedrigeren Tarifen
wechseln. Das belaste die Stimmung und verursache Existenzangst,
weil Beschäftigte etwa befürchteten, sich die hohen Mieten im
Raum München nicht mehr leisten zu können, erklärte Christiane
Mindermann, die in dem Bereich in München arbeitet.
 
"HOFFENTLICH OHNE ARBEITSKAMPF"
 
Die erste Verhandlungsrunde ist Reschinsky zufolge für
den 19. Januar geplant, im Februar gebe es einen weiteren
Verhandlungstermin. Die Friedenspflicht, während der es keine
Warnstreiks geben darf, endet Mitte Februar. Die Lufthansa müsse
weiter in Personal für einen stabilen Flugbetrieb investieren
und sei gut beraten, einen anderen Verhandlungsstil an den Tag
legen als in der konfliktreichen letzten Tarifrunde. "Wir werden
unser Nötiges dazu tun, dass es diesmal hoffentlich auch ohne
Arbeitskampfmaßnahmen geht", sagte der Gewerkschafter.
Allerdings habe der Arbeitgeber mehrjährige Nullrunden und einen
Verzicht der Beschäftigten auf das Weihnachtsgeld gefordert.
 
Festgefahren ist unterdessen der Tarifstreit mit der
Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), die höhere
Beiträge der Lufthansa zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV)
für die rund 4800 Cockpit-Beschäftigten fordert. Wie aus einem
Reuters vorliegenden Rundschreiben der Tarifkommission
hervorgeht, hat die Lufthansa kein Angebot dazu vorgelegt.
Airline-Chef Jens Ritter hatte gefordert, die VC solle die
Forderung vom Tisch nehmen. Im Gegenzug würde die
Kurzstreckenflotte nicht weiter verkleinert. Ähnliche Zusagen
seien aber in der Vergangenheit nicht eingehalten worden,
erklärte die VC. Deshalb will die Gewerkschaft darüber nicht
verhandeln. "In dieser Situation braucht sich die Lufthansa aber
auch nicht zu beschweren, wenn wir für die Durchsetzung unserer
Interessen zur bAV streiken." Die VC hat seit der Urabstimmung
Ende September die Möglichkeit, zum Streik aufzurufen.
 
Ein Lufthansa-Sprecher bestätigte, dass es weiterhin
kein Angebot zur Altersversorgung gibt. Das sei nicht
finanzierbar, das Cockpit-Personal müsse vielmehr zur
Kostensenkung beitragen.

(Bericht von Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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