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Außenminister: China zeigt Entgegenkommen bei Rohstoffen
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Deutsche Wirtschaft mahnt weiteren Dialog und EU-Impulse an
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Kein Durchkommen bei Ukraine-Krieg, Taiwan und Menschenrechten
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"Nur konstruktiver und stetiger Austausch bringt uns weiter"
| - von Alexander Ratz |
| Peking, 09. Dez (Reuters) - Es war die bislang wohl |
| schwierigste Reise von Johann Wadephul als Außenminister: Am |
| Montag und Dienstag holte der CDU-Politiker seinen Ende Oktober |
| kurzfristig abgesagten Besuch nach Peking nach. Damals hatte die |
| chinesische Führung dem Minister nicht ausreichend hochrangige |
| Gesprächspartner in Aussicht gestellt, weshalb Wadephul die |
| Reise kurzerhand platzen ließ - ein ungewöhnlicher Schritt für |
| einen Chefdiplomaten. Diesmal warteten als Gesprächspartner |
| Chinas Handelsminister Wang Wentao, der stellvertretende |
| Präsident der Volksrepublik, Han Zheng, der Minister der |
| Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der |
| Kommunistischen Partei Chinas, Liu Haixing, und schließlich |
| Außenminister Wang Yi, den Wadephul kurz nach seiner |
| Amtsübernahme bereits im Juli in Berlin empfangen hatte. Bei |
| seinem Besuch punktete Wadephul vielleicht in Wirtschaftsfragen, |
| bei außenpolitischen Themen dagegen nicht. |
Auf der Agenda standen zahlreiche strittige Themen, von Exporteinschränkungen Chinas etwa bei dem strategisch wichtigen Rohstoff Seltene Erden und dem Vorwurf, das Reich der Mitte würde mit subventionierten Dumpingpreisen vor allem für Stahl und E-Autos den europäischen Markt fluten. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gilt China als enger Verbündeter des Moskauer Machthabers Wladimir Putin. Auch ein Thema: Der anhaltende Konflikt um Taiwan, das China für sich beansprucht. Wadephul hat das zunehmend aggressive Auftreten des Reichs der Mitte im Südchinesischen Meer bereits mehrfach kritisiert.
Nach seinem Gesprächsmarathon sprach Wadephul auf einer Pressekonferenz am Montagabend von "offenen und intensiven Gesprächen". Er spreche auch immer wieder im Interesse der Europäischen Union. "Gerade bei den Themen, auf die wir unterschiedlich blicken, bringt uns nur ein konstruktiver und stetiger Austausch weiter", betonte der Minister. "Und dazu haben wir uns heute klar verabredet." Eine gemeinsame Pressekonferenz billigte die chinesische Führung allerdings nicht zu. Aber Wadephul kündigte an, dass er seinen Amtskollegen Wang im Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz treffen und dass Bundeskanzler Friedrich Merz im ersten Quartal 2026 nach China reisen werde.
Seine ausgestreckte Hand hat Wadephul nach eigener Aussage zumindest bei den Seltenen Erden einen Erfolg beschert. Die Pekinger Führung habe ihm Entgegenkommen signalisiert und Zentrallizenzen für deutsche und europäische Unternehmen angeboten. Die Unternehmen sollten sich nun dafür bewerben, forderte der Minister. "China hat versichert, dass man sehr konstruktiv an die Prüfung dieser Anträge herangehen wird." Es gebe keinerlei Bestrebungen, gerade deutsche Unternehmen noch weiter zu belasten. Seltene Erden werden etwa für den Bau von Batterien für die Elektro-Mobilität benötigt. China hält bei dem Rohstoff global eine dominante Stellung und hat zuletzt Exporteinschränkungen verfügt, worunter vor allem die ohnehin gebeutelte Autobranche leidet.
Für die deutsche Schlüsselindustrie ist China ein zentrales Land, auch was den Absatzmarkt betrifft. Daher ist man in den Chefetagen von Volkswagen <VOWG.DE>, Mercedes <MBGn.DE> und BMW <BMWG.DE> auch sehr an politischer Harmonie zwischen Berlin und Peking interessiert. Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie VDA, forderte, beide Seiten müssten wieder "ins konstruktive Gespräch kommen". Und dazu gehöre, "dass Deutschland und Europa auch an der eigenen Wettbewerbsfähigkeit arbeiten müssen", sagte Müller, die Wadephul auf dessen Reise begleitete.
China sei Deutschlands wichtigster Handelspartner, wiederholte Wadephul in Peking gebetsmühlenartig. 2024 betrug das bilaterale Handelsvolumen 246 Milliarden Euro. Allerdings steuert das deutsche Handelsdefizit mit China im laufenden Jahr mit 85 Milliarden Euro auf einen Rekordwert zu. Vor allem E-Autos exportiert die Volksrepublik nach Europa zunehmend, was auch mit staatlichen Subventionen begründet wird. Müller vom VDA rät aber davon ab, mit Gegenmaßnahmen zu reagieren.
"Wir brauchen Handelsabkommen, Rohstoffabkommen, wir brauchen günstigere Energie", mahnte die VDA-Präsidentin, die für die CDU von 2002 bis 2008 im Deutschen Bundestag saß. "Deutschland hat eine starke exportorientierte Industrie. Rund 70 Prozent unserer Arbeitsplätze sind mit dem Export verbunden. Das heißt, wir müssen auch alles tun, um so wettbewerbsfähig wie möglich zu sein, aus uns heraus." Das sieht auch Oliver Oehms, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina, so: "Für uns wäre es wichtig, dass die Bundesregierung auch anerkennt, China bleibt ein relevanter Markt trotz aller Herausforderungen, in dem sehr gute Geschäfte gemacht werden können", sagt er. "China ist ein Markt, den man nicht einfach ignorieren kann."
Wadephul betonte neben Wirtschaftsfragen auch immer wieder Themen wie Menschenrechte in China, die Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und den Anspruch auf Taiwan. Hier aber hat sich Deutschland in China schon immer die Zähne ausgebissen. Wadephuls Vorgängerin, die Grüne Annalena Baerbock, hat dies besonders zu spüren bekommen. Sie und ihre Werte geleitete Außenpolitik waren in Peking ein rotes Tuch. In Berlin hat sich dies insofern geändert, als dass jetzt vermehrt von einer Interessen geleiteten Außenpolitik die Rede ist.
(Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)