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09.12.2025 /11:05:23
FOKUS 1-Frauenanteil bei Professuren steigt ? Kluft auf Karriereleiter bleibt

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Frauanteil bei Professuren klettert auf 30 Prozent

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Verdopplung binnen 20 Jahren

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Je höher die akademische Karriere, desto weniger Frauen

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WSI: Wissenschaftssystem behindert Aufstieg von Frauen
 
(Details, Zitat vom WSI-Institut)
Berlin, 09. Dez (Reuters) - Der Frauenanteil in der
Professorenschaft in Deutschland ist weiter gestiegen und lag
Ende 2024 bei 30 Prozent. Damit hat sich der Anteil in den
vergangenen 20 Jahren zwar mehr als verdoppelt, wie das
Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. 2004 lag er noch
bei 14 Prozent, zehn Jahre später bei 22 Prozent. Insgesamt gab
es Ende 2024 rund 52.100 hauptberufliche Professorinnen und
Professoren an deutschen Hochschulen. Der Anteil an Frauen
unterscheidet sich jedoch deutlich je nach Fachrichtung. Am
höchsten war er vor rund einem Jahr mit 44 Prozent in den
Geisteswissenschaften und mit 39 Prozent bei den
Kunstwissenschaften. Den niedrigsten Wert wiesen die
Ingenieurwissenschaften auf, wo nur 17 Prozent der Professuren
mit einer Frau besetzt waren.

"Immer noch schaffen es deutlich weniger Frauen als Männer auf eine Professur ? und das, obwohl fast genauso viele Frauen wie Männer promovieren", sagte Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. "Trotz Maßnahmen zur Förderung von Frauen behindert das Wissenschaftssystem die Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen ganz offensichtlich."

FRAUEN MÜSSEN SORGEARBEIT, MOBILITÄT UND ENGAGEMENT STEMMEN

Trotz des Anstiegs zeigt sich ein klares Muster: Je höher die Stufe der akademischen Karriere, desto niedriger ist der Frauenanteil. So waren Frauen unter den Studienanfängerinnen und -anfängern im Wintersemester 2024/2025 mit 52 Prozent noch in der Mehrheit. Auch bei den Hochschulabschlüssen im Prüfungsjahr 2024 stellten sie mit 53 Prozent (ohne Promotionen) die Mehrheit der Absolventinnen und Absolventen.

Auf den weiteren Stufen der akademischen Laufbahn kehrt sich dieses Verhältnis um. Bei den Promotionen im selben Prüfungsjahr sank der Frauenanteil bereits auf 46 Prozent. Noch geringer war er bei den Habilitationen, der Anerkennung der Lehrbefähigung an einer Hochschule. Dieser betrug 36 Prozent und lag damit nur noch knapp über dem Anteil bei den Professuren.

"Das liegt unter anderem daran, dass in der sogenannten Postdoc-Phase, die bei vielen Menschen mit der Familiengründungsphase zusammenfällt, ein enormes Maß an Mobilität und Arbeitseinsatz bei gleichzeitig befristeten und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen erwartet wird", sagte Professorin Kohlrausch. Für Frauen, die immer noch den Großteil der Sorgearbeit leisteten, sei das in dieser Lebensphase oft schlicht nicht zu leisten. "Am Hochschulsystem zeigt sich exemplarisch, wie man es nicht machen sollte." Was helfe, seien sichere Arbeitsplätze auch im sogenannten Mittelbau und mehr Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Sabine Ehrhardt Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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