Frankfurt, 10. Dez (Reuters) - Die deutsche Monopolkommission warnt vor einer übereilten Deregulierung des deutschen Festnetzes. "Wir sind gerade in einer kritischen Übergangsphase von Kupfer zur Glasfasertechnologie", sagte der Chef des Beratungsgremiums, Tomaso Duso, am Mittwoch. "Es besteht die Gefahr, dass die ehemaligen Staatsmonopolisten wieder dominant werden." Marktbeherrschende Anbieter müssten daher strengen Auflagen unterliegen, um wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten.
In ihrem 14. Sektorgutachten zur Telekommunikation spricht sich die Monopolkommission gegen eine exklusive Verlegung von Glasfaser durch einzelne Anbieter aus. Wo es wirtschaftlich sinnvoll sei, sollten zwei oder mehr Unternehmen jeweils eigene Netze aufbauen. Wenn sich mehrere Unternehmen ein Netz teilten, seien kleinere Konkurrenten meist im Nachteil, betonten die Kartell-Experten. Hier sei die Bundesnetzagentur in der Pflicht, mithilfe verbindlicher Standards den Wettbewerb sicherzustellen. "Jede Wohnung sollte mit mindestens vier Fasern eines Glasfaserkabels ausgestattet werden", forderte Duso. "So können verschiedene Anbieter den Anschluss nutzen und Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Anbieter leichter wechseln."
Darüber hinaus sollte die Netzagentur klare Vorgaben zur Abschaltung des Kupfernetzes machen, fügte Duso hinzu. Die Deutsche Telekom <DTEGn.DE> könnte ansonsten dazu verleitet werden, ihr Glasfasernetz vorrangig dort auszubauen, wo andere Anbieter bereits aktiv seien. Diese werfen dem Bonner Konzern seit Längerem vor, mit diesem sogenannten "strategischen Überbau" den Wettbewerb zu behindern. Der Ex-Monopolist mache die Glasfasernetze kleinerer Telekomfirmen unrentabel, so der Vorwurf.
Keinen Handlungsbedarf sieht die Monopolkommission dagegen beim Streitthema Datenverkehrsabgabe. Telekom-Konzerne fordern von Inhalte-Anbietern wie dem Streamingdienst Netflix <NFLX.O> oder der Instagram-Mutter Meta <META.O> eine Beteiligung an den Kosten für den Ausbau der Infrastruktur. Sie seien schließlich für das rasant wachsende Datenaufkommen verantwortlich. "Beide Seiten brauchen einander und verhandeln auf Augenhöhe", sagte Duso. Eine angedachte europäische Schlichtungsstelle sei daher nicht notwendig.
Die unabhängige Monopolkommission berät die Bundesregierung und den Gesetzgeber in Fragen der Wettbewerbspolitik, des Wettbewerbsrechts und der Regulierung.
(Bericht von Hakan Ersen. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)