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10.12.2025 /12:57:36
FOKUS 1-Chemie-Verband erwartet 2026 keine Besserung - "Industrie funkt SOS"

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Ausblick für Chemieindustrie bleibt düster

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Auslastung der Anlagen auf historischem Tiefstand

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Jedes fünfte Unternehmen plant Produktionsverlagerung

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Verband klagt über hohe Kosten und zu viel Bürokratie
 
(Neu: weitere Aussagen vom Verband)
Frankfurt, 10. Dez (Reuters) - Die deutsche
Chemieindustrie kommt aus der Krise nicht heraus und rechnet
auch für das kommende Jahr nicht mit einer Besserung. Der
Branchenverband VCI erwartet für 2026 eine stagnierende
Produktion in der chemisch-pharmazeutischen Industrie, wobei die
Herstellung allein in der Chemie um ein Prozent zurückgehen
dürfte. Der Umsatz werde voraussichtlich um rund zwei Prozent
sinken. "Die Industrie funkt SOS. 2025 war für unsere Branche
erneut sehr schwierig und der Blick nach vorn wird nicht
rosiger", sagte VCI-Präsident Markus Steilemann am Mittwoch auf
der Jahrespressekonferenz in Frankfurt. Jedes zweite Unternehmen
kämpfe mit schwerem Auftragsmangel. 2025 sank die Produktion
branchenweit um 0,5 Prozent, der Umsatz ging um ein Prozent auf
220 Milliarden Euro zurück.

Die Krise traf dabei vor allem die reine Chemie, deren Produktion in diesem Jahr um 2,5 Prozent schrumpfte, während Pharma um drei Prozent zulegte. Die Auslastung der Anlagen in der gesamten Branche fiel auf den historischen Tiefpunkt von 70 Prozent und lag damit weit entfernt von der rentablen Schwelle. Als Gründe für die schlechte Stimmung nannte der Verband unter anderem nicht wettbewerbsfähige Produktionskosten, eine hohe regulatorische Unsicherheit und langwierige Genehmigungsverfahren. Zudem belasteten chinesische Überkapazitäten und die US-Zölle die Geschäfte.

Einer Umfrage zufolge plant ein Fünftel der Mitgliedsunternehmen, die Produktion zu verlagern oder ganz stillzulegen. Jedes zehnte Unternehmen erwägt sogar die Schließung kompletter Standorte. Besonders betroffen sei der Mittelstand, der oft keine Möglichkeit habe, Verluste durch Auslandsgeschäfte auszugleichen. "Der Mittelstand stirbt leise", sagte Steilemann. Die Krise hinterlässt auch auf dem Arbeitsmarkt Spuren: Die Zahl der Beschäftigten sank 2025 um 0,5 Prozent oder 2400 Stellen. Bereits angekündigte Anlagenschließungen oder Produktionsverlagerungen dürften zu einem weiteren Stellenabbau führen.

Angesichts der Lage fordert Steilemann von der Politik entschlosseneres Handeln. "Wir müssen die Standortbedingungen in Deutschland so grundlegend verbessern, dass Debatten über Schließungen gar nicht erst entstehen", betonte der VCI-Präsident. Den von der Regierung angekündigten Industriestrompreis bezeichnete er als "Pflaster", dessen Wirkung durch das "Kleingedruckte" stark eingeschränkt werde. Der Verband dringt auf niedrigere Produktionskosten, weniger Bürokratie und schnellere Genehmigungen, um Standorte zu sichern. Zudem brauche es eine verlässliche Industriepolitik, die Investitionen in Innovation und Infrastruktur ermöglicht. Auch Europa müsse industriepolitisch handlungsfähiger werden, um im Wettbewerb mit den USA und China nicht weiter zurückzufallen.



(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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