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10.12.2025 /14:29:49
Experte: Deutschland bei Börsengängen "weit unter dem Potenzial"

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EY: Bis zu zehn Börsengänge 2026 in Deutschland möglich



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Finanzinvestoren machen den Börsen zunehmend Konkurrenz



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Ottobock, Aumovio und TKMS unter Europas größten Börsenneulingen





München, 10. Dez (Reuters) - Nur sieben Unternehmen
fanden in diesem Jahr in Deutschland den Weg an die Börse, nur
drei davon sammelten dabei auch frisches Kapital ein. "Die Zahl
der Börsengänge liegt weit unter dem Potenzial, das Deutschland
zu bieten hätte", sagte Listing-Experte Martin Steinbach von der
Unternehmensberatung EY am Mittwoch in Eschborn bei Frankfurt.
Das liege unter anderem an der zersplitterten Liquidität an den
europäischen Börsen, aber auch an den immer tieferen Taschen der
Finanzinvestoren, die auch große Firmen kauften, die früher an
die Börse gegangen wären. "Diese Unternehmen fehlen dem
deutschen Kapitalmarkt." Der Zollstreit mit den USA habe im
Frühjahr die gute Stimmung zerstört und für Unsicherheit
gesorgt, die Börsengänge verhinderte. Seither ist der
Dax <.GDAXI> allerdings um 30 Prozent gestiegen, 2025 hat der
deutsche Leitindex zahlreiche neue Rekordhochs erklommen.
Für 2026 ist Steinbach trotzdem vorsichtig: Es gebe das
Potenzial für zehn Börsengänge. "Wir haben einen Rückstau an
Unternehmen, die längst an der Börse sein könnten, aber auf das
richtige Zeitfenster warten." Namen nannte er nicht. Als
aussichtsreichste Kandidaten gehandelt werden der
deutsch-französische Panzerhersteller KNDS ("Leopard 2"), das
Online-Autoanzeigen-Portal Mobile.de und der Aufzugshersteller
TK Elevator. Die beiden Letzteren gehören aber Finanzinvestoren,
die stets parallel auch nach direkten Käufern außerhalb der
Börse Ausschau halten. Einen neuen Anlauf nehmen könnten 2026
auch der Auto-Ersatzteilhändler Autodoc und der
Medizintechnik-Anbieter Brainlab, die ihre Börsenpläne 2025
abgesagt hatten.

Im zu Ende gehenden Jahr gingen mehr als zwei Drittel des Emissionsvolumens von 1,19 Milliarden Euro auf das Konto des Prothesenherstellers Ottobock <OBCK.DE>, der den einzigen echten Börsengang im Prime Standard hinlegte. Die Aktie liegt mit 69 Euro leicht über dem Ausgabepreis von 66 Euro.

Die Summe, die Firmen und ihre Eigentümer mit Börsengängen einsammeln, ging gegenüber dem schwachen Vorjahr nochmals um 42 Prozent zurück. Das lag auch daran, dass zwei der drei größten Börsenneulinge mit dem U-Boot-Bauer TKMS <TKMS.DE> und dem Autozulieferer Aumovio <AMV0n.DE> reine Abspaltungen waren und keinen Emissionserlös brachten, da die Aktien den Anteilseignern der ehemaligen Mutterkonzerne ins Depot gebucht wurden. In guten Jahren lag das Emissionsvolumen in Deutschland bei mehr als zehn Milliarden Euro.

Gemessen am Börsenwert der Neulinge zum Marktdebüt sieht die Bilanz für Deutschland besser aus. Ottobock (4,6 Milliarden Euro), TKMS (3,8 Milliarden) und Aumovio (3,5 Milliarden) liegen in Europa auf den Plätzen drei bis fünf, hinter zwei Schweizer Unternehmen: dem Alarmsystem-Hersteller Verisure (13,7 Milliarden), der an die Stockholmer Börse ging, und SMG <SMGC.S>, einem Betreiber von Online-Marktplätzen (4,9 Milliarden).

DEUTLICH MEHR DELISTINGS ALS BÖRSENGÄNGE

Die Börsenneulinge reichen aber nicht aus, um den Wegfall von Unternehmen wettzumachen, die den Aktienmarkt verlassen - oft mit Hilfe von Finanzinvestoren. "Das ist in der Tat ein Alarmsignal", räumt Steinbach ein. Das liege auch daran, dass Unternehmen bei einem Börsengang weit höhere Anforderungen zu erfüllen hätten als bei der Kapitalbeschaffung außerhalb der Börse. Der EY-Experte fordert einen leichteren Zugang auch von Privatanlegern zu den Aktien von Börsenkandidaten. "Unser IPO-Prozess ist aus dem 18. Jahrhundert", sagte er.

Weltweit ist die Zahl der Börsengänge in diesem Jahr laut EY leicht auf 1259 (2024: 1240) gestiegen, das Emissionsvolumen schnellte aber um 32 Prozent auf 163,3 Milliarden Dollar nach oben. Zugpferd dabei war Asien, wo Initial Public Offerings (IPOs) allein 73 Milliarden Dollar einbrachten, gut doppelt so viel wie 2024. Der größte Börsengang ging in Hongkong über die Bühne, wo der chinessische Batteriehersteller CATL 5,25 Milliarden Dollar einsammelte.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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