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10.12.2025 /15:09:13
FOKUS 1-BGH kippt Kürzungsklausel bei Riesterrente

(mit mehr Einzelheiten und Hintergrund)
Karlsruhe, 10. Dez (Reuters) - Versicherer dürfen einem
Urteil zufolge Riesterrenten nicht wegen schlechter
wirtschaftlicher Bedingungen kürzen, wenn sie nicht gleichzeitig
eine Erhöhung bei besserer Marktlage vorsehen. Der
Bundesgerichtshof erklärte am Mittwoch in Karlsruhe eine
entsprechende Vertragsklausel für unwirksam, weil sie
Versicherungsnehmer einseitig benachteilige.

Das Urteil betrifft fondsgebundene Versicherungsverträge der Allianz  <ALVG.DE>. Da auch andere Versicherer die Klausel zur sogenannten Senkung des Rentenfaktors anwenden, gilt das Urteil als wegweisend. Eine einseitige Senkung der ausgezahlten Rente ist damit bei bereits abgeschlossenen Verträgen nicht mehr möglich, sofern der Vertrag keine Erhöhungsmöglichkeit vorsieht.

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Bereits das Oberlandesgericht Stuttgart hatte der Verbraucherorganisation Recht gegeben. Der BGH hat nun das Urteil bestätigt und die Revision der Allianz zurückgewiesen.

Bei fondsgebundenen Riesterrenten werden Überschüsse und Erträge teilweise in Investmentfonds investiert. In Niedrigzinsphasen oder bei einer Erhöhung der Lebenserwartung der Versicherten ist es möglich, dass die ursprünglich errechnete Rente nicht mehr gesichert ist. Die Allianz behielt sich in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen deshalb die Herabsetzung des sogenannten Rentenfaktors vor. Dazu ist es auch mehrfach gekommen.

Aber die Klausel enthielt keine Wiederanhebung bei
verbesserter Marktlage. Dagegen klagte die Verbraucherzentrale
und bekam nun Recht. "Die Vereinbarung ist den
Versicherungsnehmern auch unter Berücksichtigung der Interessen
des Versicherers nicht zumutbar", hieß es in der
Urteilsbegründung. Zwar könne eine Versicherung angesichts der
Langfristigkeit der Verträge Störungen der versprochenen
Versicherungsleistungen nicht vermeiden. Unzumutbar sei es aber,
wenn der Versicherer nur zur Herabsetzung berechtigt sei, nicht
aber zur Wiederheraufsetzung. "Insoweit gilt das sogenannte
Symmetriegebot", erklärten die Richter.
 
Auch die in den Verträgen genannte Möglichkeit, dass
Versicherungsnehmer nach Kürzungen einmalige Zuzahlungen oder
dauerhaft eine erhöhte Prämie erhalten, gleiche die Nachteile
nicht aus. Denn die Prämienzahlungen seien in der Höhe
beschränkt, was durch die steuerliche Förderung der Versicherung
bedingt sei. Auch die Zusicherung der Allianz, bei verbesserten
Bedingungen den Rentenfaktor wieder nach oben anzupassen,
schaffe keinen Ausgleich, denn sie enthalte keine Verpflichtung.
 
(Bericht von Ursula Knapp, redigiert von Thomas Seythal)
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