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EU-Handelsminister zu Beratungen in Brüssel |
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Sefcovic: Gefühlt sind wir Einigung im Handelsstreit nah |
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Gegenmaßnahmen der EU erst ab Anfang August |
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Deutschland unterstützt das Vorgehen, aber auch Kritik |
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Trump droht mit pauschalem 30-Prozent-Zoll |
(durchweg neu) |
- von Philip Blenkinsop und Andreas Rinke |
Brüssel/Berlin, 14. Jul (Reuters) - Die EU hofft trotz |
der jüngsten US-Drohungen mit hohen Sonderzöllen weiter auf eine |
Verhandlungslösung. Beide Seiten seien auf dem richtigen Weg und |
näherten sich einem guten Ergebnis, sagte EU-Handelskommissar |
Maros Sefcovic am Montag in Brüssel. "Das Gefühl auf unserer |
Seite war, dass wir einer Einigung sehr nahe sind." Aus Politik |
und Wirtschaft kamen deutliche Warnungen, dass bei Zöllen von 30 |
Prozent der Handel zwischen der EU und den USA kollabieren |
dürfte. Gegenmaßnahmen der EU sollen zunächst noch nicht in |
Kraft treten. |
In Brüssel trafen sich zu Wochenbeginn die Handelsminister der 27 EU-Staaten. Die zuständige Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche war allerdings nicht vor Ort. Sie wurde durch Staatssekretär Thomas Steffen vertreten. Sefcovic sagte, durch die Drohung von US-Präsident Donald Trump vom Wochenende gebe es eine neue Dynamik. Der angedrohte 30-Prozent-Zoll hätte enorme negative Konsequenzen für Lieferketten. Der gegenseitige Handel würde de facto ausgelöscht werden. Dieses Negativ-Szenario müsse unbedingt abgewendet werden. Die EU müsse sich aber auf alles vorbereiten.
Trump hatte am Samstag in Briefen mit Sonderzöllen von 30 Prozent auf Importe aus der EU und Mexiko gedroht. Die neuen Abgaben sollen vom 1. August an gelten, was noch etwas Zeit für Verhandlungen lässt. Die EU hatte, um den von Trump angezettelten Handelskonflikt nicht weiter zu eskalieren, bereits angekündigte Gegenmaßnahmen auf Anfang August verschoben. Dabei geht es um Gegenzölle auf einen amerikanischen Warenkorb im Wert von 21 Milliarden Euro. Ein zweites Paket würde im Fall der Fälle dann auf US-Exporte im Wert von 72 Milliarden Euro angewendet. Dänemarks Außenminister Lars Lokke Rasmussen sagte, es sei noch zu früh für Gegenmaßnahmen. Es müssten aber Vorbereitungen getroffen werden. "Wenn man Frieden will, muss man sich auf den Krieg vorbereiten."
Trump betonte in seinem Schreiben an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, ein Zoll von 30 Prozent sei bei weitem nicht genug, um das jahrelange US-Handelsdefizit mit der EU zu beseitigen. Sollte die EU Gegenmaßnahmen planen, würde dies nur die US-Zölle entsprechend erhöhen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sprach von einer ernsthaften Bedrohung. Höhere Zölle müssten verhindert werden, Unternehmen bräuchten Planungssicherheit, so DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Positiv sei der Handelsabschluss der EU mit Indonesien. Auch die Verhandlungen mit Australien und Indien müssten Priorität haben, das Mercosur-Abkommen mit mehreren südamerikanischen Staaten ratifiziert werden.
Die Bundesregierung verteidigte den Aufschub der Gegenmaßnahmen. Ziel sei es weiterhin, eine Einigung bis zum 1. August zu finden, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin. Der Vorsitzende des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments, Bernd Lange, kritisierte die Entscheidung der EU-Kommission dagegen. Am Montag hätten eigentlich die ersten EU-Gegenmaßnahmen gegen bereits erhöhte US-Zölle in Kraft treten sollen, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. "Und ich bin auch dafür, dass das hätte passieren sollen." Lange verwies darauf, dass die USA bereits seit vier Monaten die Stahl- und Aluminium-Exporte aus der EU mit Zöllen von 50 Prozent sowie Autos und Autoteile mit 25 Prozent belasten. "Deswegen brauchen wir auch eine klare Kante."
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will zunächst weiter auf Verhandlungen setzen. Wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sei er der Meinung, dass es ohne eine Einigung auch zu europäischen Gegenmaßnahmen kommen müsse. "Aber nicht vor dem 1. August", so Merz in der ARD. "Die Verhandlungen waren schon ziemlich weit fortgeschritten."
Laut Commerzbank würden US-Zölle in Höhe von 30 Prozent, sollten sie in Kraft treten, der deutschen Wirtschaft einen Schaden von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts innerhalb von zwei Jahren zufügen. Ein Teil des durch die höheren staatlichen Investitionen erhofften Aufschwungs würde verpuffen. Es sei aber eher damit zu rechnen, dass in den kommenden Monaten ein Rahmenvertrag zwischen den Handelsblöcken geschlossen werde und der durchschnittliche US-Importzoll auf Waren aus Europa sich bis zum Herbst bei etwa 15 Prozent einpendeln dürfte.
(Weitere Reporter: Christian Krämer und Klaus Lauer, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)